Interview mit Marc Gruppe über Sherlock Holmes
1. Was hat euch darauf gebracht, neue Geschichten für Sherlock Holmes zu schreiben?
Marc Gruppe: Wir hatten ja bereits 2004 mit dem 2-CD-Hörspiel „Das Zeichen der Vier“ das Vergnügen einen der Sherlock Holmes-Romane von Sir Arthur Conan Doyle als Hörspiel-Bearbeitung herausgebracht zu haben und haben diesen Pfad 2005 mit den vier Vertonungen der Kurzgeschichten „Der Vampir von Sussex“, „Das gefleckte Band“, „Der Fall Milverton“ und „Die Teufelskralle“ (ebenfalls auf 2 CDs) weiter beschritten. Danach schlief dann leider die Krimi Klassiker-Reihe ein. Wir haben uns ab diesem Zeitpunkt ganz der Produktion des Gruselkabinetts gewidmet. Allerdings verging kaum eine Woche, ohne dass uns eine e-mail erreichte, in der wir inständig gebeten wurden, mit unseren Holmes-Vertonungen fortzufahren, da unsere Stamm-Besetzung mit Joachim Tennstedt als Holmes, Detlef Bierstedt als Watson und Regina Lemnitz als Mrs. Hudson als sehr vorlagengetreu und gut empfunden wurde und die Inszenierung der viktorianischen Atmosphäre der 4 CDs von den Hörern sehr geschätzt wurde. Es hat dann aber doch noch einige Zeit gedauert, ehe wir uns den durch die bisherige Arbeit auch uns sehr ans Herz gewachsenen Bewohnern der Baker Street 221 B wieder zuwenden konnten.
2. Seit wann gibt es die Sherlock Holmes-Serie bei Titania Medien? Wie waren die Vorbereitungen zum Serienstart?
Marc Gruppe: Als eigenständige Serie gibt es Sherlock Holmes bei uns seit 2011. Zunächst hieß es natürlich, die Stamm-Besetzung zu fragen, ob langfristig Interesse und Lust bestand, wieder in die bereits 2004/2005 mit viel Leben vor dem Mikrophon erfüllten Rollen zu schlüpfen. Von Detlef Bierstedt wussten wir bereits, dass dem so war, da er über seine Tochter Marie Bierstedt, die die Titelrolle in unserer Anne auf Green Gables-Hörspiel-Serie gesprochen hat, immer mal wieder nachfragen ließ, wann er denn wieder der Dr. Watson sein dürfte. Aber auch Joachim Tennstedt und Regina Lemnitz waren gerne bereit, den Kult-Charakteren erneut ihre charismatischen Stimmen zu leihen – nicht zuletzt, da die Zusammenarbeit mit Stephan Bosenius und mir als sehr angenehm in Erinnerung war. Um uns von der Konkurrenz abzugrenzen und weil wir als London-Fans mittlerweile so viele interessante Geschichten aus der viktorianischen Zeit kannten, in denen Sherlock Holmes hätte ermitteln können, wurde der Plan gefasst, neue Fälle für den Meisterdetektiv exklusiv als Hörspiele zu schreiben. Eine Aufgabe, der ich mich sehr gerne gestellt habe. Das Schreiben hat einiges an Recherche-Arbeit verlangt, aber unglaublich viel Spaß gemacht.
3. Aktuell gibt es überraschend viele Versionen des Krimiklassikers. Warum dürfen so viele Labels neue Geschichten schreiben? Was ist mit den Rechten an den Originalgeschichten passiert?
Marc Gruppe: Die Rechte an den von Doyle geschaffenen Figuren und Geschichten sind bereits seit 2001 gemeinfrei.
4. Titania Medien hält sich mit den Geschichten sehr an die Originalelemente. Was ist Euch bei den Geschichten besonders wichtig?
Marc Gruppe: Genau das, was Du bereits erwähnt hast. Zudem sollte der von Doyle angelegte Mix aus spannenden, lehrreichen und auch humorvollen Elementen beibehalten werden. Da wir bei Titania Medien ja mit dem Zusatz „Atmosphärische Hörspiele“ werben, war es natürlich Ehrensache, die viktorianische Zeit mit ihren schönen, aber auch weniger schönen Seiten angemessen zum Klingen zu bringen.
5. Warum hat die Haushälterin in der Titania-Variante eine deutlich wichtigere Rolle als in allen anderen bisher erschienenen Hörspiel-Versionen?
Marc Gruppe: Mrs. Hudson ist ein bisschen das Salz in der Suppe dieser Männer-WG und ein wichtiges Element für das Gleichgewicht in der Baker Street 221 B. Ich persönlich mag die Figur sehr gerne und liebe es über alles, für Regina Lemnitz, mit der wir ja bereits seit 2004 unzählige Male zusammen gearbeitet haben, Dialog-Zeilen zu schreiben. Sie ist einfach eine Ausnahme-Schauspielerin, der Stephan Bosenius und ich stundenlang zuhören könnten. Die Aufnahmen mit ihr sind immer wieder ein Höhepunkt für uns, vor allem, weil wir so wunderbar auf einer Wellenlänge liegen und Interpretin und Regisseur sich daher nahezu blind verstehen. Man weiß, was man aneinander hat und was man voneinander möchte.
6. Wie sind die Zukunftspläne für "die geheimen Fälle"?
Marc Gruppe: Die „geheimen“ Fälle ruhen zur Zeit. Mit Folge 10 und 11 haben wir unsere Holmes-Vertonungen von 2004/2005 – abgemischt mit neuer Musik – in die Serie integriert und somit den Bogen geschlagen, nun erst einmal ab Folge 12 wieder Sir Arthur Conan Doyle-Klassiker neu zu vertonen. Damit kann dann auch die Veröffentlichungszahl pro Jahr auf 6 Folgen erhöht werden, da eine Bearbeitung schlicht weniger Zeit bei der Dialogbuch-Erstellung in Anspruch nimmt als das Schaffen von etwas völlig Neuem. Letzteres hat mich leider in den vergangenen Jahren einige Male ganz schön aus der Kurve getragen, da ich ja als Dialogbuch-Autor und Regisseur pro Jahr auch noch für 12 Folgen Gruselkabinett und ein Titania Special zu Weihnachten verantwortlich bin. Dummerweise hat mein Tag auch nur 27 Stunden, haha. Von vielen Fans wurden sich weitere Doyle-Klassiker im Titania Medien-Stil gewünscht und somit kommen wir einstweilen diesem Wunsch sehr gerne nach – was aber nicht heißt, dass es nicht irgendwann weitere exklusiv als Hörspiel geschaffene neue geheime Fälle für den Meisterdetektiv bei uns geben wird. Immerhin liegen ja noch drei von Firuz Askin geschaffene Cover nebst Folgen-Exposés griffbereit in der Schublade. Man darf gespannt sein.
Vielen Dank, Marc Gruppe!
Hier geht's zur Serie in den Hörspiel-Fakten:
Sherlock Holmes von Titania Medien
Verfasser: Malte Köhne, 04/2014